Flüchtlinge und Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg

Displaced Persons (DPs)

Das Leben im Nachkriegsdeutschland und die Herausforderungen für ein Neubeginn.

Nach dem Krieg lebten Millionen von „Displaced Persons“ (DPs) in Deutschland, die infolge der Wirren des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entwurzelt worden waren. Diese Gruppe umfasste ehemalige KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Flüchtlinge aus Osteuropa, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in ihre Heimatländer zurückkehren konnten. Viele von ihnen stammten aus Ländern wie Polen, der Ukraine, dem Baltikum oder Jugoslawien und hatten während des Krieges unter Zwangsarbeit, Verfolgung oder Vertreibung gelitten. Für zahlreiche DPs war eine Rückkehr in ihre Heimat unmöglich, da sie dort politische Verfolgung, ethnische Konflikte oder die Ausbreitung des sowjetischen Einflusses befürchteten. Insbesondere jüdische Überlebende des Holocaust sahen sich oft mit antisemitischen Übergriffen und der Zerstörung ihrer Gemeinden konfrontiert, was eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer undenkbar machte.


In den westlichen Besatzungszonen Deutschlands, die unter der Kontrolle der USA, Großbritanniens und Frankreichs standen, wurden zahlreiche Lager eingerichtet, um die DPs vorübergehend unterzubringen. Diese Lager, oft in ehemaligen Kasernen, Fabriken oder sogar Konzentrationslagern eingerichtet, dienten als Notunterkünfte, bis eine dauerhafte Lösung gefunden werden konnte. Die Lebensbedingungen in diesen Lagern variierten stark: Einige boten eine relativ menschenwürdige Unterbringung mit Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung und kulturellen Aktivitäten, während andere von extremer Überbelegung, mangelnder Hygiene und Versorgungsengpässen geprägt waren. In manchen Fällen organisierten die DPs selbst Verwaltungsstrukturen, Schulen und kulturelle Einrichtungen, um ein Stück Normalität und Selbstbestimmung zurückzugewinnen.


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Während einige DPs schließlich die Möglichkeit erhielten, in andere Länder auszuwandern – insbesondere in die USA, nach Kanada, Australien oder Palästina –, blieben andere in Deutschland und mussten sich dort eine neue Existenz aufbauen. Für viele war dies ein schwieriger Prozess, da sie nicht nur mit den Traumata ihrer Kriegserlebnisse, sondern auch mit den Herausforderungen der Integration in eine fremde Gesellschaft zu kämpfen hatten. Diejenigen, die blieben, trugen jedoch maßgeblich zum Wiederaufbau Deutschlands bei und prägten die Gesellschaft in den Nachkriegsjahren.


Ihre Erfahrungen unterschieden sich stark von denen der deutschen Vertriebenen, die aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches geflohen oder vertrieben worden waren. Während die deutschen Vertriebenen von der Bundesregierung und der Gesellschaft weitgehend unterstützt wurden – sei es durch politische Maßnahmen, finanzielle Hilfen oder die Integration in die Wirtschaft –, sahen sich viele DPs mit staatlicher Diskriminierung und gesellschaftlicher Ablehnung konfrontiert. Sie wurden oft als „Fremde“ betrachtet und hatten Schwierigkeiten, Zugang zu Arbeitsplätzen, Wohnraum oder sozialer Anerkennung zu erhalten. Besonders jüdische DPs waren häufig mit anhaltendem Antisemitismus konfrontiert, der sich trotz der Schrecken des Holocaust in Teilen der deutschen Bevölkerung hartnäckig hielt. Viele von ihnen strebten daher eine Ausreise nach Palästina an, das später zum Staat Israel wurde, oder in die USA, wo sie auf bessere Lebensbedingungen und Sicherheit hofften.


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Zu Dokumentationszwecken hat das Bundesarchiv oft die originalen Bildbeschriftungen beibehalten, die fehlerhaft, voreingenommen, veraltet oder politisch extrem sein können. Ankunft von Flüchtlingen aus Ostpreußen in Schleswig-Holstein (Bahnhof Meldorf).


Die Lebensbedingungen in den DP-Lagern waren äußerst unterschiedlich und hing stark von der Unterstützung durch internationale Hilfsorganisationen wie die UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) oder später die IRO (International Refugee Organization) ab. In einigen Lagern gab es Schulen, religiöse Einrichtungen und kulturelle Aktivitäten, die den DPs halfen, ein Gefühl der Gemeinschaft und Normalität wiederzuerlangen. In anderen Lagern herrschten jedoch extreme Mangelsituationen, in denen die Bewohner mit Hunger, Krankheiten und Perspektivlosigkeit kämpften. Die Zeit in den DP-Lagern war für viele eine Phase des Übergangs, geprägt von Unsicherheit und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.


Insgesamt spiegelt die Geschichte der Displaced Persons die komplexen und oft widersprüchlichen Realitäten der Nachkriegszeit wider. Sie waren Zeugen und Opfer einer der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte, aber auch Akteure des Wiederaufbaus und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihre Erfahrungen verdeutlichen die Herausforderungen von Flucht, Vertreibung und Neuanfang in einer Welt, die noch immer von den Folgen des Krieges gezeichnet war.

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